Behandlungsfehler im Medizinrecht

03.09.2012

I. Aufgrund der Tatsache, dass ein lebendiger Mechanismus wie der menschliche Körper nicht einfach wie eine Maschine zu reparieren ist und auch teilweise unvorhergesehen auf Ereignisse reagiert, führt nicht jede ärztliche Behandlung zum Erfolg. Der ärztliche Behandlungsvertrag ist daher auch nicht auf die Erbringung eines zwingenden Erfolges ausgerichtet wie etwa ein Werkvertrag. Nur wenn das Ziel der ärztlichen Behandlung scheitert, weil der Arzt einen Behandlungsfehler begangen hat, kommt es zu einer Haftung.

I. Aufgrund der Tatsache, dass ein lebendiger Mechanismus wie der menschliche Körper nicht einfach wie eine Maschine zu reparieren ist und auch teilweise unvorhergesehen auf Ereignisse reagiert, führt nicht jede ärztliche Behandlung zum Erfolg. Der ärztliche Behandlungsvertrag ist daher auch nicht auf die Erbringung eines zwingenden Erfolges ausgerichtet wie etwa ein Werkvertrag. Nur wenn das Ziel der ärztlichen Behandlung scheitert, weil der Arzt einen Behandlungsfehler begangen hat, kommt es zu einer Haftung. Hierbei hat der Patient allerdings neben der Tatsache, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, auch nachzuweisen, dass der im Folgenden entstandene Schaden auch auf dem Behandlungsfehler beruht. Man spricht insofern von Kausalität.

Nur bei Vorliegen eines so genannten groben Behandlungsfehler oder eines so genannten Befunderhebungsfehlers kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Beweislastumkehr mit der Folge, dass der Patient nun nicht mehr nachweisen muss, dass die eingetretenen Schäden Folgen des Behandlungsfehlers sind, sondern der Arzt beweisen muss, dass auch bei korrekter Behandlung der Schaden eingetreten wäre.

II.

Aufgrund der oben dargestellten Unterscheidung ist es daher Ziel einer jeden Haftungsinanspruchnahme, einen Befunderhebungsfehler oder groben Behandlungsfehler nachzuweisen, damit die Beweislastumkehr eintreten kann. Insbesondere auch bei Unterlassung der gebotenen Befunderhebung tritt eine Beweislastumkehr ein. Dies hat kürzlich nun wieder der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 13.09.2011 bestätigt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte, eine Notärztin, wurde am 11.11.2004 vom Kläger gerufen. Bereits telefonisch wurden Herz- und Magenbeschwerden angegeben. Nach Hinweis auf einen bereits in der Familie aufgetretenen Herzinfarkt kam die beklagte Ärztin gegen 22:30 Uhr zum Hausbesuch. Dort verabreichte sie dem Kläger das Medikament Nitrangin, welches bei akuten Beschwerden, die Herzkranzgefäße betreffend, verordnet wird und diagnostizierte einen Verdacht auf Virusinfekt und Angina pectoris (krankhafte Verengung der Herzkranzgefäße).

Da sich die Beschwerden nicht besserten, wurde von der Ehefrau des Klägers das Krankenhaus angerufen, in welches der Kläger dann eingeliefert wurde. Dort wurde um 02:34 Uhr ein akuter Herzinfarkt durch das erstellte EKG (Elektrokardiogramm) vorgefunden. Nach mehreren Behandlungen musste der Kläger letztendlich eine Bypass-Operation über sich ergehen lassen, infolge derer er arbeitsunfähig wurde.

Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht hatten zwar einen Befunderhebungsfehler bejaht, aber eine Haftung verneint, weil nicht geprüft wurde, ob ein grober ärztlicher Behandlungsfehler vorliegt.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung ausdrücklich klar gestellt, dass nach der herrschenden Rechtsprechung auch bei der Unterlassung der gebotenen Befunderhebung eine Beweislastumkehr hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität die Folge ist, wenn bereits die Unterlassung einer aus medizinischer Sicht gebotenen Befunderhebung einen groben ärztlichen Fehler darstellt.

Außerdem kann auch eine nicht grob fehlerhafte Unterlassung der Befunderhebung zur Umkehr der Beweislast führen, wenn sich bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges positives Ergebnis gezeigt hätte und sich die Verkennung dieses Umstandes fundamental auswirkt, sich also die Nichtreaktion als grob fehlerhaft darstellt.

All dies wurde im hier vorliegenden Fall bejaht.

Die Beklagte hätte, da ihr entsprechende Beschwerden gegenüber geäußert worden sind und sie die Vorgeschichte auch kannte, zwingend eine weitere Untersuchung in Form eines EKGs veranlassen müssen. Das EKG wiederum hätte dann, und so war es ja auch, in der Folge zu weiteren zwingend notwendigen Behandlungen geführt. Folglich war das Nichterheben eines Elektrokardiogramms eine unterlassene Befunderhebung, die zur Beweislastumkehr führen muss, da bei der gebotenen Abklärung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein reaktionspflichtiges Ergebnis zum Vorschein gekommen wäre.

Der Bundesgerichtshof gab in diesem Fall also dem Kläger recht und verwies den Rechtsstreit zur weiteren Entscheidung wiederum an die Vorinstanz zurück.

Das Aktenzeichen der Entscheidung lautet: BGH VI ZR 144/10, Urteil vom 13.09.2011.

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