Verwertbarkeit einer Geschwindigkeitsmessung

11.09.2018

Das Kammergericht Berlin (Az. 3 Ws 157/18) hatte sich mit der Problematik zu befassen, ob eine Geschwindigkeitsmessung auch dann verwertet werden kann, wenn der Messbeamte nicht die notwendigen Funktionstests des Messgerätes durchgeführt hat.

In dem vorliegenden Verfahren hatte das in der ersten Instanz zuständige Amtsgericht den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der innerhalb geschlossener Ortschaften zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h zu einer Geldbuße von 200,00 € sowie einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Hierbei war das erstinstanzliche Gericht von einem standardisiertem Messverfahren ausgegangen. Die Anerkennung als standardisiertes Messverfahren führt nach der gefestigten Rechtsprechung zu einer Modifikation des Amtsermittlungsgrundsatzes. Der Tatrichter muss sich bei Vorliegen eines standardisierten Messverfahrens nur dann überhaupt noch von der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung überzeugen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler gegeben sind.

Das Kammergericht Berlin hat jedoch mit der gegenständlichen Entscheidung klargestellt, dass ein standardisiertes Messverfahren nur dann vorliegt, wenn das Gerät von seinem Bedienungspersonal auch wirklich standardgemäß, d.h. in geeichtem Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller mitgegebenen Bedienungs- bzw. Gebrauchsanweisung verwendet wurde.

Hierzu zählt nach Auffassung des Gerichts nicht nur der eigentliche Messvorgang, sondern auch und gerade die vorausgehenden Gerätetests. Nur so kann nach Auffassung des Kammergerichts Berlin mit der für eine spätere Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob das Gerät in seiner konkreten Aufstellsituation tatsächlich mit der bei standardisierten Messverfahren vorausgesetzten Präzision arbeitet.

Da der Messbeamte in dem zur Entscheidung vorliegenden Fall jedoch entgegen der Bedienungsanleitung den Displaytest nur anhand des Innendisplays, nicht jedoch am Außendisplay des Messgerätes vorgenommen hatte, verstieß dieser gegen die Vorgaben der Gebrauchsanweisung des Messgerätes.

Dieser Fehler führt nach Auffassung des Kammergerichts Berlin dazu, dass ein standardisiertes Messverfahren nicht mehr angenommen werden konnte.

Das Kammergericht hat jedoch ebenso dargestellt, dass das Fehlen eines standardisierten Messverfahrens nicht dazu führt, dass die Geschwindigkeitsmessung generell unverwertbar ist. Will das Gericht eine Verurteilung auf eine derartige Geschwindigkeitsmessung stützen, muss es die Korrektheit der Messung individuell überprüfen. Da dies in dem gegenständlichen Verfahren nicht erfolgt ist, hat das Kammergericht Berlin die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichtes aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin zeigt, dass jede Ordnungswidrigkeit als Einzelfall zu behandeln ist. Es empfiehlt sich daher grundsätzlich, die frühzeitige Zuhilfenahme anwaltlicher Unterstützung, um sich gegen den Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit und deren Folgen zu wehren.

 

RA Endler

 

Zurück