Erhöhte Haftung bei Überschreitung der Autobahnrichtgeschwindigkeit

26.09.2014

Bei einem Verkehrsunfallereignis auf einer Autobahn stellt sich insbesondere, wenn ein Pkw-Fahrer die Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h überschreitet, die Frage, inwieweit allein dieser Umstand zu einer erhöhten Haftung führt.

Bei einem Verkehrsunfallereignis auf einer Autobahn stellt sich insbesondere, wenn ein Pkw-Fahrer die Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h überschreitet, die Frage, inwieweit allein dieser Umstand zu einer erhöhten Haftung führt.

Das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 12 U 313/13) hatte sich nunmehr mit dieser Problematik zu befassen. Bei dem gegenständlichen Sachverhalt beabsichtigte ein Pkw-Fahrer ein vor ihm fahrendes Fahrzeug zu überholen und scherte hierzu auf die linke Fahrspur aus. Bei diesem Fahrstreifenwechsel kam es sodann zu einer Kollision mit einem von hinten heranfahrenden Pkw, der nach den Feststellungen eines Sachverständigen eine Geschwindigkeit von ca. 200 km/h fuhr. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichtes Koblenz ist dem ausscherenden Pkw-Fahrer ein erheblicher Sorgfaltspflichtverstoß vorzuwerfen, da dieser seinen Überholvorgang nur dann hätte durchführen dürfen, wenn eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen war.

Gleichwohl ging das Gericht von einem Mitverschulden des von hinten heranfahrenden Pkw-Fahrers aus. Für diesen sei das Unfallereignis kein unabwendbares Ereignis gewesen. Nach der Auffassung des Gerichts muss ein Fahrer, der die Unabwendbarkeit eines Unfalls geltend machen will, sich wie ein "Idealfahrer" verhalten. Ein "Idealfahrer" fährt nach der Auffassung des Gerichts jedoch nicht schneller als die Richtgeschwindigkeit. Etwas Anderes könne nur dann gelten, wenn der die Richtgeschwindigkeit überschreitende Fahrer nachweist, dass der Unfall für ihn auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h nicht zu vermeiden gewesen wäre. Nach den Ausführungen eines hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens hätte das gegenständliche Unfallereignis bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h bereits durch eine mittelstarke Bremsung vermieden werden können. Bei der Abwägung dieser Verursachungsbeiträge kam sodann das Oberlandesgericht Koblenz zu dem Ergebnis, dass von einer deutlich erhöhten Betriebsgefahr des heranfahrenden Pkws auszugehen war, da der Fahrer immerhin die Richtgeschwindigkeit um rund 60 % überschritten und hierdurch ein erhebliches Gefahrenpotential geschaffen habe. Eine Geschwindigkeit im Bereich von 200 km/h ermöglicht es nach Auffassung des Gerichts in der Regel nicht mehr, Unwägbarkeiten in der Entwicklung einer regelmäßig durch das Handeln mehrerer Verkehrsteilnehmer geprägten Verkehrssituation rechtzeitig zu erkennen und sich darauf einzustellen. Aufgrund dessen hat das Oberlandesgericht Koblenz sodann eine Mithaftung des heranfahrenden Pkws in Höhe von 40 % angenommen.

Da aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes jedoch ersichtlich wird, dass jede Unfallangelegenheit eine Entscheidung des Einzelfalls ist, empfiehlt sich einem Betroffenen in vergleichbaren Fällen bereits frühzeitig die Zuhilfenahme anwaltlicher Unterstützung, um mögliche Schadensersatzansprüche durchzusetzen.

  

- RA Peters -

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