Betriebsschließungsversicherung - Leistungsanspruch nach coronabedingter Gaststättenschließung

07.07.2022

Entgegen der Rechtsprechung der meisten anderen Oberlandesgerichte hat nun das Kammergericht mit einem aktuellen Urteil vom 05.07.2022 (Az.: 6 U 84/21, noch nicht rechtskräftig) einer Gaststättenbetreiberin die im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungen für eine behördlich angeordnete coronabedingte Schließung ihrer Gaststätte zugesprochen. Das Landgericht Berlin hatte zuvor in erster Instanz die Klage noch abgewiesen.

Der bei der ERGO Versicherung AG abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherung lag das Bedingungswerk BBSG19 zugrunde. Dort heißt es in Ziff. 3.4:

"Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger, ausgenommen sind jedoch humane spongiforme Enzephalopathien nach § 6 (1) 1.d IfSG."

Da allerdings zum Zeitpunkt der Gaststättenschließung im März/April 2020 in der sog. ersten Coronawelle das Coronavirus noch nicht in den §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes aufgeführt war, haben viele Land- und die meisten Oberlandesgerichte entsprechende Klagen mit dem Argument abgewiesen, dass bei vereinbarten (oder ähnlichen) Versicherungsbedingungen wie hier, kein Leistungsanspruch gegen den Versicherer bestünde, weil das Coronavirus im Infektionsschutzgesetz nicht namentlich genannt werde.

Das Kammergericht (Berlin) ist dieser für Versicherungsnehmer nachteiligen Rechtsauffassung nicht gefolgt und hat der Klägerin den geforderten Geldbetrag insbesondere deshalb zugesprochen, weil durch das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz mit Verordnung vom 30.01.2020 - und damit bereits vor der Betriebsschließung im März/April 2020 - die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und § 7 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes auch auf Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus (2019-nCoV) angeordnet worden war.

 

RA Endler

Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

Urteil Kammergericht 05.07.2022

 

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